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Simone Langendörfer und Helga König im Gespräch mit Hans-Georg Nelles, Sozialwissenschaftler, Erwachsenenbildner als auch Organisationsberater

Lieber Hans-Georg Nelles, sie sind Sozialwissenschaftler, Erwachsenenbildner als auch Organisationsberater und begleiten seit mehr als 15 Jahren Unternehmen, Kommunen, Hochschulen und Organisationen darin, die Potenziale aktiver Vaterschaft zu nutzen. 

Dabei legen Sie den Fokus auf das Zusammenwirken von Väterlichkeit, Verantwortung und Führung, um die positiven Erfahrungen, die Männer in der Familie mit Kindern machen, in deren Arbeit zu integrieren. 

Sie engagieren sich ehrenamtlich in zahlreichen Initiativen und Vereinen, die Anliegen von Vätern und Männern thematisieren und vor Ort, aber auch in der Politik nachhaltige Angebote und Strukturen schaffen möchten. In Ihren Vorträgen bewegt Sie die Frage, wie eine Jungenpolitik aussehen kann, die keine Politik für Jungen, sondern eine mit ihnen gemeinsam gestaltete ist.

Verheiratet sind Sie  seit über 30 Jahren und Vater von drei erwachsenen Kindern.

Wir freuen uns, das Sie an unserem Interviewprojekt "Wann ist eine Kindheit kindgerecht" teilnehmen:

Simone Langendörfer: Werden Kinder heute extrem auf Leistung "gedrillt" und falls ja, wodurch entsteht dieser Leistungsdruck? 

Hans-Georg Nelles
Hans-Georg Nelles: Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und das färbt auf Eltern und Kinder ab. Zusätzlicher Druck entsteht sicherlich durch sich auflösende Sicher- und Gewissheiten. Es kommt nicht mehr von alleine, dass es die Kinder besser haben werden als ihre Eltern. Aber Eltern möchten ihr Bestmöglichstes tun, damit es doch passiert. Von Drill kann aber dennoch keine Rede sein. 

Helga König: Was heißt für Sie Kindsein und meinen Sie, dass "Kindsein" in der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts einfacher war?

Hans-Georg Nelles:  Kindsein heißt, die Welt entdecken und Fragen stellen dürfen, Dinge tun von denen Erwachsene nichts (mehr) verstehen. Das war zu einer Zeit, in der nicht alles geregelt und durchgeplant war sicherlich einfacher als heute. In meiner Kindheit war Stubenarrest eine Strafe, heute ist es eher umgekehrt.

Simone Langendörfer
Simone Langendörfer:  Was müsste sich in den Schulen ändern, um Kinder wirklich glücklich zu machen? 

Hans-Georg Nelles: Wenn Schulen Kindern den Spaß am Entdecken und Lernen nicht austreiben und ihnen Gelegenheiten bieten würden ihren Wissensdrang selbsttätig abzuarbeiten, wären nicht nur viele Kinder und ihre Eltern glücklicher, sondern auch die Beschäftigten der bisherigen "Lernfabriken". 

Helga König: Welche Rolle spielen Eltern beim Thema "Doping für Kinder"? 

Hans-Georg Nelles: Wenn Kinder gedopt werden sind ihre Eltern entweder die Dealer oder sind selber Mitabhängige. Die Motive sind zwar meist noch am Rande des Redlichen, die Wirkungen des Tablettenkonsums aber kaum.

Simone Langendörfer:. Weshalb sind so viele Kinder trotz materiell guter Bedingungen unglücklich? 

 Hans georg
Hans-Georg Nelles: Weil Mann und Frau Glück nicht kaufen kann. Es hat vielmehr mit Zufriedenheit und gerade für Kinder mit schönen Erlebnissen mit dem Vater und/oder der Mutter zu tun. 

Helga König: Sollten Eltern den Ärzten mehr misstrauen, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht? 

Hans-Georg Nelles: Ich gehe mal davon aus, dass ich mit oder ohne Kinder zu dem Arzt bzw. der Ärztin gehe, der ich vertraue. Und Nein sagen hilft manchmal auch weiter. 

Simone Langendörfer:  Was denken und empfinden Sie, wenn sie ein depressives, ein verträumtes oder ein extrem aufgedrehtes Kind erleben? 

Hans-Georg Nelles: Das sind doch alles Zuschreibungen, die ich in meinem Kopf produziere oder die Andere dem Kind schon an die Stirn geheftet haben. Kinder können extrem traurig sein und im nächsten Moment wieder aufdrehen. Das ist die ganz normale Gefühlsskala. 

Helga König
Helga König: Was könnten Eltern, Lehrer und die Politik tun, damit Kindern das Lernen wieder Freude bereitet? 

Hans-Georg Nelles: Ihnen die Freude nicht nehmen, z.B. mit dem Gerede vom Ernst des Lebens und der Geschichte vom Hänschen … 

Simone Langendörfer:  Gibt es in Deutschland eine „Armut an Liebe und Geborgenheit“? 

Hans-Georg Nelles: Das würde ich so nicht sagen, es gibt einen zunehmenden Mangel an Zufriedenheit und eine wachsende Problemsicht. Insbesondere Familie, Kinder werden mit Problemen in Verbindung gebracht. Das wirkt sich natürlich negativ auf‚ Liebe und Geborgenheit‘ aus 

Helga König: Warum sind gerade in Deutschland so viele Menschen unzufrieden und unglücklich? 

 Hans-Georg Nelles
Hans-Georg Nelles: Das hängt vielleicht damit zusammen, das Zufriedenheit und Glück mit materiellen Zielen und Werten in Verbindung gebracht und die Freude über schöne Momente und das was wirklich wichtig ist im Leben, gelingende Beziehungen und gemeinsame Erfahrungen …, dabei verloren gehen.

Lieber  Hans-Georg Nelles, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Interview.

Ihre Simone Langendörfer, Ihre Helga König


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