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Helga König und Simone Langendörfer im Gespräch mit Dr. Gabi Pörner, Trainerin, Business Coach und Autorin

Liebe Dr. Gabi Pörner, Sie haben nach Ihren Studium der Psychologie, Pädagogik und Kommunikationswissenschaften zahlreiche Zusatzqualifikationen erworben, verfügen über eine breitgefächerte Berufserfahrung und arbeiten heute als Trainerin und Business Coach. 

Wir freuen uns, dass Sie unser Interview-Projekt "Wann ist eine Kindheit kindgerecht" durch Ihre Antworten unterstützen und unseren Lesern Ihre Gedanken hierzu mitteilen. 

Helga König: Werden Kinder heute extrem auf Leistung  "gedrillt" und falls ja, wodurch entsteht dieser Leistungsdruck? 

 Dr. Gabi Pörner
Dr. Gabi Pörner: Alle Eltern wollen das Beste für ihr Kind und tun alles, damit es gut ausgerüstet wird, um in unserer Gesellschaft seinen Platz zu bekommen und darin erfolgreich bestehen zu können. Wir leben in einer konkurrenzorientierten Leistungsgesellschaft – so werde Kinder oft von klein auf dafür belohnt, anerkannt, wertgeschätzt, wenn sie – im Sinne der Eltern - etwas leisten und gut machen. Ob Kinder extrem auf Leistung getrimmt werden hängt von den jeweiligen Werten und verinnerlichten Normen der Eltern ab. 

 Simone Langendörfer
Simone Langendörfer: Was heißt für Sie Kindsein und meinen Sie, dass "Kindsein" in der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts einfacher war? 

Dr. Gabi Pörner:  Kindsein heißt für mich – sich in einem sicheren Rahmen ausprobieren zu können, neue und vielfältige Erfahrungen zu machen, einfach zu spielen und sich auszudrücken OHNE dass dies gleich mit einem Ziel verbunden ist. Ein Kind braucht auch Grenzen und Verlässlichkeit, damit es vor Gefahren geschützt wird und begreift, dass es manche Dinge nicht darf. Ich glaube nicht, dass es einfacher war, es war anders – mit anderen Herausforderungen. 

Helga König: Was müsste sich in den Schulen ändern, um Kinder wirklich glücklich zu machen? 

 Dr. Gabi Pörner
Dr. Gabi Pörner:  Müssen Kinder in der Schule immer glücklich sein? Reicht es nicht, wenn sie neugierig und interessiert etwas Neues lernen? Manchmal werden sie frustriert sein und sich ärgern, denn Neues zu lernen erfordert Ausdauer, und manchmal klappt es nicht beim ersten Mal. Sie lernen, dass es sich lohnt, "am Ball" zu bleiben und werden mit einem Erfolgserlebnis belohnt. Ich denke, es geht darum, ein animierendes Lernumfeld zu gestalten, in dem Kinder spielerisch und möglichst selbsttätig mit anderen oder allein (je nach Stoff) lernen. Ideal wäre es, wenn ältere Kinder für jüngere als Mentoren zur Verfügung stünden, so könnten sie Verantwortung lernen und spüren, dass sie gebraucht werden und dass es Spaß macht, anderen zu helfen. Gut wäre es, wenn sie frühzeitig Einblick in verschiedene Lebenswelten bekommen würden und Dinge kreativ ausprobieren und sich einbringen könnten. 

Simone Langendörfer: Welche Rolle spielen Eltern beim Thema "Doping für Kinder"? 

Dr. Gabi Pörner:  Na ja, wenn Eltern sehr leistungsorientiert sind und nicht wissen, was sie tun können, damit ihr Kind lernt, sich emotional zu regulieren, so ist es nachvollziehbar, dass sie zu Dopingmitteln greifen. Sie wollen das Beste, sind aber selbst hilflos und greifen zur raschen "Lösung."

 Helga König
Helga König: Weshalb sind so viele Kinder trotz materiell guter Bedingungen unglücklich? 

Dr. Gabi Pörner:  Für mich ist das eine Suggestivfrage. Kein Kind kann immer glücklich sein, egal, wie die äußeren Bedingungen sind. Es ist wichtig, dass Kinder – gerade wenn Belohnung aufgeschoben wird – auch lernen, mit den Gefühlen von Enttäuschung und Frustration umzugehen und dennoch wissen, dass ihre Eltern hinter ihnen stehen und sie lieben. Kinder brauchen – wie Rene Spitz schon lange nachgewiesen hat - Liebe und Fürsorge, damit sie gedeihen und sich entfalten können. Kinder wollen um ihrer selbst wahrgenommen, gesehen und geliebt werden und lieben. 

Simone Langendörfer: Sollten Eltern den Ärzten mehr misstrauen, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht? 

 Dr. Gabi Pörner
Dr. Gabi Pörner:  Warum? In welchen spezifischen Angelegenheiten? Ich halte es für wichtig, dass Eltern mit ihren Kindern zum Arzt gehen, wenn sie krank sind…. Sie können ja zusätzlich zum Heilpraktiker gehen, um ein alternatives Behandlungskonzept kennen zu lernen. Dann können sie sich entscheiden, was sie für ratsam halten. 

Helga König: Was denken und empfinden Sie, wenn sie ein depressives, ein verträumtes oder ein extrem aufgedrehtes Kind erleben? 

Dr. Gabi Pörner: Kinder sind lebendig, sie machen ihre Erfahrungen direkt – und zeigen verschiedenes Verhalten. Kinder träumen – sind mal extrem aufgedreht, wenn sie sich besonders freuen oder müde sind. Sie sind auch niedergeschlagen, wenn sie etwas Trauriges erlebt haben. Sollten die obigen Zustände über einen längeren Zeitraum dauern, so würde ich zu einem Kinderpsychologen gehen. 

 Gabi Pörner
Simone Langendörfer: Was könnten Eltern, Lehrer und die Politik tun, damit Kindern das Lernen wieder Freude bereitet? 

Dr. Gabi Pörner: Wie kommen Sie auf die Idee, dass Kindern das Lernen keine Freude bereitet? Muss Lernen immer Freude bereiten? Darf ein Kind auch mal keine Lust zum Lernen haben? Es müsste mehr Lehrer und Lehrerinnen geben, damit die Klassen kleiner sind und die Lehrer mehr Zeit haben, auf individuelle Bedürfnisse der Kinder eingehen zu können. Der Lerninhalt müsste überprüft werden – was brauchen Kinder heute? Wie kann Kreativität und Individualität, aber auch Zusammenarbeit gefördert werden? Der Stoff müsste in den verschiedenen Bundesländern vergleichbar sein. Ich wünschte mir zudem mehr Methodenvielfalt…. 

 Helga König
Helga König: Gibt es in Deutschland eine "Armut an Liebe und Geborgenheit"? 

Dr. Gabi Pörner: Kann ich mir vorstellen – der 2. Weltkrieg hatte Auswirkungen auf die ganzen Generationen. Damals ging es um das Überleben. Gefühle wurden zurückgedrängt und hatten wenig Raum. Danach ging es um den Wiederaufbau – auch hier hatten Gefühle wenig Platz – stets ging es mehr um das Funktionieren und Leisten. Doch allmählich scheint sich das etwas aufzulockern – zumindest ist das meine Wahrnehmung im näheren Umfeld. Ob das für ganz Deutschland gilt, weiß ich nicht. 

Simone Langendörfer: Warum sind gerade in Deutschland so viele Menschen unzufrieden und unglücklich?

Dr. Gabi Pörner: Warum sollten sie gerade in Deutschland besonders unzufrieden sein?  Ich habe in verschiedenen Ländern gearbeitet und festgestellt, dass es überall Menschen gibt, die unzufrieden und unglücklich sind. Deutsche wollen halt oft besonders realistisch sein und glauben zu wissen, wie Dinge perfekt laufen sollen. Dabei vergessen sie manchmal, dass das Leben auch Spaß macht, selbst dann, wenn die Bedingungen nicht optimal sind.

Liebe Dr.  Gabi Pörner, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Interview. 

Ihre Helga König, Ihree Simone Langendörfer.

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