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Simone Langendörfer und Helga König im Gespräch mit Susanne Oswald, Autorin vieler Bücher, auch von Kinder- und Jugendbüchern

Liebe Susanne Oswald, Sie sind Autorin von Romanen, Krimis, Sachbüchern sowie Kinder- und Jugendbüchern. Auf  "Buch, Kultur und Lifestyle" wurde u.a. Ihr Buch "Ein Garten  für die Seele" vorgestellt. Dazu auch haben Sie ein Interview gegeben.

Wir freuen uns, dass Sie  am Interview-Projekt "Wann ist eine Kindheit kindgerecht?" teilnehmen.

Simone Langendörfer:  Werden Kinder heute extrem auf Leistung "gedrillt" und falls ja, wodurch entsteht dieser Leistungsdruck?

 Susanne Oswald
Susanne Oswald: Ich bin mir nicht sicher, ob das heute wirklich schlimmer ist als früher, es ist aber ganz sicher anders. Früher mussten Kinder früh mitarbeiten, auf ihre Geschwister aufpassen oder den Haushalt organisieren, sie durften körperlich gezüchtigt werden und wurden oft früh von der Schule genommen, weil die Arbeitskraft wichtiger war als Lernen. Kinderarbeit war normal. Da hat sich vieles geändert, einiges gebessert. Doch leider hat sich der Druck zum Teil auch nur verschoben. Heute sollen Kinder ihren Fokus auf Schule und dortige Leistung legen – was grundsätzlich gut ist. Leider wird das oft so übertrieben, dass es doch wieder in Kinderarbeit ausartet und der Kindheit zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit bleibt. Hier sind die Eltern gefragt, die den Menschen fördern und nicht immer nur Leistungen fordern sollten. 

 Helga König
Helga König: Was heißt für Sie Kindsein und meinen Sie, dass "Kindsein" in der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts einfacher war?

Susanne Oswald:  Ich glaube, man macht es sich zu einfach, wenn man sagt: Früher was es besser. Jede Zeit hat ihre Probleme und jede Kindheit hat ihre guten und schlechten Zeiten. Natürlich läuft heute einiges schief und wir machen viel zu oft aus unseren Kindern kleine Erwachsene – oder versuchen es zumindest. Aber auf der anderen Seite sind wir für viele Themen sensibilisiert und haben viele katastrophale Umstände abgestellt. Wenn ich zum Beispiel an die Generation der misshandelten und missbrauchten Heimkinder denke, auch wenn es keine Garantie gibt, dass solche Dinge sich nicht wiederholen, heute gibt es zumindest Kontrollen und ein Bewusstsein für Kindeswohl – das aber immer weiter ausgebaut werden sollte. Nach meiner Erfahrung gibt es noch viel zu tun und wir müssen uns unbedingt weiter um die Sensibilisierung kümmern, aber viele von uns sind in die richtige Richtung unterwegs. Und es werden immer mehr. 

Simone Langendörfer: Was müsste sich in den Schulen ändern, um Kinder wirklich glücklich zu machen? 

Susanne Oswald:  Der Fokus sollte mehr auf die individuellen Fähigkeiten gelegt werden, Kinder sollten bestärkt und unterstützt werden. Zum Teil wird das schon gemacht, aber dieses strikte Leistungsdenken, wie es an unseren Schulen gelebt wird, steht der Entwicklung oft im Weg. Ich glaube, da könnte ein Blick und ein Beispiel nehmen über die Landesgrenzen Richtung Norden uns gut tun. 

Helga König: Welche Rolle spielen Eltern beim Thema "Doping für Kinder"? 

Susanne Oswald: Es ist bequem, schwierigen Situationen mit Pillen zu begegnen und es wird von der Gesellschaft geradezu erwartet. Eltern geraten sehr schnell unter Druck. Aber natürlich ist es ihnen nicht bewusst, was sie ihren Kindern damit antun. Das wird auch viel zu sehr runtergespielt. Es ist wichtig, dass hier ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet. 

 Simone Langendörfer
Simone Langendörfer: Weshalb sind so viele Kinder trotz materiell guter Bedingungen unglücklich? 

Susanne Oswald: Geld allein macht nicht glücklich, diese Weisheit gilt nicht nur für Erwachsene.

Helga König: Sollten Eltern den Ärzten mehr misstrauen, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht?

Susanne Oswald: Misstrauen ist grundsätzlich der falsche Ansatz, aber niemand sollte seinen Verstand an der Tür der Arztpraxis abgeben. Es ist immer wichtig, dass Patienten oder ihre Angehörigen mitdenken, denn ein Arzt sieht nur einen Teilbereich des Patienten und hat natürlich auch eine persönliche Meinung und Handhabung, die nicht immer mit der des Patienten übereinstimmen muss. 

Simone Langendörfer: Was denken und empfinden Sie, wenn Sie ein depressives, ein verträumtes oder ein extrem aufgedrehtes Kind erleben? 

Susanne Oswald: Jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit, Kinder leben diese stärker aus, Erwachsene kontrollieren sich mehr, deshalb nimmt man diese Eigenschaften bei Kindern stärker wahr. Sollte ein Kind wirklich depressiv sein, braucht es Hilfe. Ansonsten ist es gut und gesund, wenn Kinder auch mal extrem sein dürfen und so ihren Charakter entwickeln. Was ich dabei empfinde, kommt auf die Situation und das Ausmaß an. Nicht in jeder Situation ist das Ausleben der Gefühle angenehm und angezeigt, da braucht es den Halt und die Leitung durch die Eltern, so kann das Kind soziale Kompetenz lernen. 

Helga König: Was könnten Eltern, Lehrer und die Politik tun, damit Kindern das Lernen wieder Freude bereitet? 

 Susanne Oswald
Susanne Oswald:  Den Leistungsdruck mindern, den Fokus mehr auf den Menschen legen und nicht so sehr auf die Note und vor allem die Wertigkeit eines Menschen nicht von einer Schulnote abhängig machen.

Simone Langendörfer: Gibt es in Deutschland eine "Armut an Liebe und Geborgenheit"? 

Susanne Oswald:  Es gibt eine Armut an gemeinsamen Unternehmungen, wir neigen dazu unsere Zeit, von der wir alle gleich viel haben, für vermeintlich wichtigere Dinge zu nutzen. Und es gibt den wirtschaftlichen Druck, der viele dazu zwingt, ihre Zeit mit Geld verdienen zu verbringen, Zeit, die eigentlich den Kindern gehören sollte. Andererseits habe ich oft gesehen und selbst erlebt, dass knappe Zeit eine höhere Wertigkeit bekommt, was die Knappheit dann wieder ausgleicht. Nein, ich glaube nicht, dass wir eine Armut an Liebe und Geborgenheit haben. 


Helga König: Warum sind gerade in Deutschland so viele Menschen unzufrieden und unglücklich?

Susanne Oswald:  Das kann ich tatsächlich nicht beantworten. Ich bin Deutsche, ich lebe in Deutschland, und ich bin glücklich und immer gerade so zufrieden – oder unzufrieden – dass ich nicht träge werde. Ich liebe das Leben und gebe diese Liebe über meine Bücher an die Leser weiter.

Liebe Susanne Oswald wir danken Ihnen herzlich für das Interview.

Ihre Simone Langendörfer, Ihre Helga König.


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